Unser Co-Autor heute: Andreas Slizyk www.schadenmanagement-consulting.de

Die mobile Schadenaufnahme in der Sachversicherung (Sach-Außenregulierung, Agentur-Regulierung etc.) ist mittlerweile eines der zentralen Umsetzungsthemen in der Kompositversicherung. Hat man sich für eine Anwendung entschieden (Eigenentwicklung oder Kauf/Leasing von Standardsoftware), sind bei der Umsetzung vielfältige Aspekte zu beachten.

Mit unserem Blog-Beitrag wollen wir in zwei Beiträgen sowohl die grundlegenden Aspekte zum Thema wie auch die Erfolgsfaktoren für ein Umsetzungsprojekt beleuchten.
Als grundlegende Aspekte sehe ich vor allem:
• die Berücksichtigung eines strategischen Zielbildes
• die Optimierung der Prozesse und Anwendung strukturierter Daten
• die Konzeption und Planung der Systemintegration
• die Fokussierung auf Schlüsselfunktionen und stufenweise Einführung

Berücksichtigung strategisches Zielbild
Wenn Sie sich mit der mobilen Schadenaufnahme im Zuge der Optimierung und Digitalisierung von Prozessen beschäftigen, sollten Sie über die Anbindung aller aktuellen Regulierungspartner an den Schadenprozess hinausdenken, End-to-End-Prozesse definieren und zumindest eine Orientierung für die nächsten Jahre erarbeiten, die rollierend weiterentwickelt wird und an der Sie regelmäßig neue Themen entlangführen.

Für Versicherer ergeben sich in der Themenstellung einer mobilen Schadenaufnahme vielfältige Fragestellungen wie beispielsweise:
• Welche Ziele möchten Sie mit der mobilen Schadenaufnahme erreichen?
• Bringt Ihnen die mobile Schadenaufnahme einen Vorsprung am Markt?
• Unterstützt die mobile Schadenaufnahme die Ausrichtung Ihres Geschäftsmodells?
• Wählen Sie für Ihre Sparten, Kundengruppen und Vertriebswege unterschiedliche Modelle?
• Sollen ausgewählte Funktionen auch Handwerkern oder Dienstleistern zur Verfügung gestellt werden und welche Mehrwerte für den Handwerker oder Dienstleister sind damit verbunden?
• Sollen auch die Vertriebspartner die Lösung in Zukunft nutzen?
• Sollen Versicherungsnehmer i.S. von „Self-Services“ Teile der Schadenregulierung oder gar die komplette Schadenregulierung übernehmen?
• Wie lässt sich das Thema für die mit den Dienstleistern abgesprochenen Prozesse integrieren oder müssen Sie neue Prozesse vereinbaren?

Diese Fragen sollten strategisch beantwortet werden, um bei Umsetzungsprojekten als Leitplanken zu dienen, an denen die Projektfortschritte laufend vorbeigeführt und ggf. angepasst werden.

Optimierung der Prozesse und Anwendung strukturierter Daten
Bei der Einführung einer mobilen Schadenaufnahme werden „alte“ Systeme und „alte“ Verhaltensweisen überprüft. Bei der Konzeption sind daher die Aktivitäten der jeweils aktuellen Schadenaufnahme auf Sinn und Nutzen zu überprüfen. Daher ist eine Prozessaufnahme – auch im Sinne von möglichen Optimierungen – durchzuführen.

Wesentlich bei der Prozessaufnahme ist die Erfassung aller notwendigen Aktivitäten – unabhängig von der Reihenfolge der Aktivitäten. Im Zuge der Prozessaufnahme ist ebenfalls anzuraten, die fachlichen Regelwerke aufzunehmen und den Aktivitäten zuzuordnen. Dafür können unterschiedliche Methoden ausgewählt werden.

Große Fehler werden in der Praxis dann gemacht, wenn eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter z.B. aus der Außenregulierung nicht von Beginn an einbezogen werden. Unabhängig, ob deren Aktivitäten und deren bisherige Arbeitsweise noch in allen Punkten prozessual sinnhaft sind, ist deren frühzeitige Einbeziehung in die Entwicklung entscheidend für die spätere Akzeptanz des neuen Systems.

Die jeweiligen Prozesse benötigen auch Daten und Informationen. Diese sind ebenfalls festzuhalten und auf Werthaltigkeit zu überprüfen:
• Welche Daten benötige ich mindestens im Schritt 1, welche Daten kann ich im Kernsystem hinterlegen und weiterverarbeiten, welche Daten benötige ich ggf. strategisch in Folgeschritten?
• Werden Daten bereits an anderer Stelle aufgenommen – z.B. bei Dienstleistern und im Laufe der Schadenregulierung erneut aufgenommen/übertragen, um weiter genutzt zu werden?
• Welche Daten sind redundant im Kernsystem und der Anwendung zur mobilen Schadenaufnahme hinterlegt und welche Daten können zur Verfügung gestellt, aber nicht gespeichert werden?
• Was benötige ich als Datenhaushalt für mein (erweitertes) Schadencontrolling inkl. Dienstleistercontrolling?
• Welche Optionen ergeben sich aus den (erweiterten) Daten zusätzlich?

Konzeption und Planung der Systemintegration
Unabhängig, wie die Antworten zu o.g. Fragen ausfallen. Alle aufgenommenen Daten werden in strukturierter Form benötigt und sollten nur einmal erfasst werden. Freitextfelder müssen dabei nicht vermieden werden, sollten jedoch nach Möglichkeit nur optional in zweiter Ordnung vorhanden sein.

All dies ist insbesondere in der Haftpflicht- und Sachversicherung eine besondere Herausforderung.

Auch, wenn vielleicht im ersten Schritt eine Systemintegration noch nicht umgesetzt wird, ist diese doch stets bereits zu Beginn strategisch anzudenken. Dabei ist immer der E2E-Prozess (End-to-End-Prozess zwischen allen Schaden-Beteiligten) zu betrachten, um auch alle Beteiligten sowie die jeweilig genutzten Daten zu berücksichtigen. Nur, wenn ich dieses berücksichtige, kann ich eine sinnvolle Systemintegration umsetzen. Das gilt in mehrere Richtungen wie z.B.:
• in meine Kernanwendungen
• in meine Controlling- resp. Business Intelligence-Anwendungen
• in meine In- und Outputmanagement-Komponenten und
• in meine Portallösungen für Kunden, Vertriebspartner und Dienstleister

Fokussierung auf Schlüsselfunktionen und stufenweise Einführung
Sind die strategischen Fragen beantwortet, die Optimierung von Prozessen und Daten erarbeitet und die Systemintegration definiert, sollte sich eine erste Einführungsstufe auf die wesentlichen Schlüsselfunktionen fokussieren.

Nicht alle strategischen Punkte müssen im ersten Umsetzungs-Schritt Berücksichtigung finden. Wesentliche Erfolgsfaktoren für den ersten Umsetzungserfolg sind:
• Akzeptanz der Nutzer / Anwender
• Einbeziehung und Integration der Bedürfnisse relevanter Partner
• Fokussierung auf die wesentlichen Funktionen
• Entwicklung eines beherrschbaren Stufenplanes
• Schaffung eines attraktiven Business Cases sowie
• transparente Information und Kommunikation

Bei der frühen Einbeziehung der zukünftigen Nutzer entwickelt sich als Nebeneffekt der Multiplikatorengedanke von ganz alleine. Ein wesentliches Instrument des Change-Management, das hier unbedingt mit genutzt werden sollte. Dabei ist zu beachten, dass wie oben beschrieben auch für Nutzer liebgewonnene Aktivitäten / Akzeptanzfaktoren berücksichtigt werden. Bei Nicht-Beachtung wird der Multiplikator sonst schnell zum Boomerang.

Fazit
Der Vorarbeiten sind es also viele, die geleistet sein müssen, um eine erfolgreiche Umsetzung durchführen zu können.

Für eine Vertiefung der fachlichen Perspektiven lesen Sie bitte weiter unter:
https://www.versicherung-weiterdenken.de/mobile-schadenaufnahme-was-sie-als-versicherer-bei-dem-thema-beachten-muessen/

Wie die Entwicklung/Implementierung einer Lösung zur mobilen Schadenaufnahme gemeinsam und erfolgreich von Versicherer und Lösungsanbieter durchgeführt werden kann, lesen Sie in unserem zweiten Teil, der in 14 Tagen erscheinen wird.