Unser Co-Autor heute: Andreas Slizyk www.schadenmanagement-consulting.de

Im 1. Beitrag zum Thema haben wir uns mit den grundlegenden fachlichen Aufgabenstellungen beschäftigt.
https://www.versicherung-weiterdenken.de/mobile-schadenaufnahme-teil-1-worauf-bei-diesen-projekten-zu-achten-ist/

In diesem Beitrag lesen Sie an Hand eines konkreten Projektbeispiels, wie die Entwicklung / Implementierung einer Lösung zur mobilen Schadenaufnahme gemeinsam von Versicherer und Lösungsanbieter durchgeführt werden kann:

Der Anwender als vernachlässigter Erfolgsfaktor
Wer kennt das nicht? Der Rollout der lange erwarteten neuen IT-Lösung steht bevor, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter strömen in die Schulungsräume und … machen lange Gesichter, nachdem die ersten Funktionen auf den Bildschirmen sichtbar werden. Wer hat sich denn das ausgedacht? Wieso gibt es die gewohnten und bewährten Funktionen nicht mehr? Wieso hat uns denn vorher niemand gefragt?

Exakt mit dieser letzten Frage wird einer der wichtigsten, aber dennoch am häufigsten – zum Teil geradezu sträflich – vernachlässigten, nichttechnischen Erfolgsfaktoren angesprochen. Denn neben dem executive support, d.h. der schnellen und konsequenten Entscheidung der das Projekt tragenden Geschäftsleitung, ist die Einbeziehung der Nutzer ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor für die Realisierung von praxisgerechten IT-Lösungen.

Usability durch enge Einbindung der User – von Anfang an
Bei der Entwicklung der Rocketform-Lösung (Anwendung zur mobilen Schadenaufnahme), haben die Verantwortlichen sich nicht nur hieran orientiert, sondern gingen sogar noch einen Schritt weiter, indem sie in engstem Schulterschluss gemeinsam mit Versicherern und Dienstleistern die Anwendung entwickelt und erfolgreich zur Marktreife brachten.

Dabei fokussierten sich die Entwickler nicht nur auf die eine Usergroup auf Seiten der Reguliererorganisation. Vielmehr bezogen sie von Beginn an zwei Versicherer – die Grazer Wechselseitige Versicherung AG und die RheinLand Versicherungs AG – und mit der ReKon GmbH zudem einen Regulierungsdienstleister in die Entwicklung ein.

Dadurch wurden versichererseitig für den deutschsprachigen Anwendungsraum sowohl österreichische als auch deutsche Arbeitsmethoden und Besonderheiten berücksichtigt. Zudem wurde die Usability für die Dienstleistungsbranche der Außenregulierer- und Sachverständigenorganisationen sichergestellt.

Think big – start small oder – die Beachtung des Erfolgsfaktors der beherrschbaren Projektgröße
Fast lehrbuchartig wurde – zunächst mit einigen Mitarbeitenden der Schadenabteilung der Grazer Wechselseitigen sowie einem kleinen Mitarbeiterteam der ReKon GmbH – deren jeweilige Basisanforderungen ermittelt und analysiert und unter Berücksichtigung der so gewonnenen Erkenntnisse einen ersten Prototyp entwickelt.

Dabei wurde bewusst darauf verzichtet, bereits alle Wünsche und Anforderungen zu implementieren, sondern vielmehr – zur anfänglichen Minimierung der Projektgröße – nur ein Grundstein gelegt, mit dem die User vor Ort – auf ihren iPads – Basisdaten und Fotos zur sofortigen Berichtserstellung aufnehmen konnten.

Dieser Prototyp wurde jedoch nicht – wie häufig üblich – in einer von der Praxis abgeschotteten Testumgebung, sondern sogleich von den Mitarbeitenden der Versicherungen und des Regulierungsdienstleisters im praktischen Einsatz erprobt.

Identifikation mit dem neuen IT-System bei Nutzern erzeugen
Um dies zu ermöglichen, waren eng mit den Testenden in Kontakt stehende und extrem schnellreagierende Entwickler nötig, die teilweise innerhalb weniger Stunden oder auch über Wochenenden hinweg Bugfixing durchführten, aber – ebenso vorrangig wie vorsichtig zu handhaben – erste Änderungs- und Ergänzungswünsche der Außenregulierenden und Sachverständigen realisierten. Auf diese Weise wurde – sozusagen step by step und stets mit Reviews und Erprobungen – die Entwicklung vorangetrieben und das IT-Produkt Rocketform verfeinert. Zugleich konnte man so bei den Testanwendern ein hohes Maß an Identifikation mit dem neuen IT-System schaffen.

Workshops zur Einbindung der künftigen Kundengruppen und dem frühzeitigen Erhalt deren Feedbacks
Um das Ergebnis – über die bereits einbezogenen Nutzer hinaus – auf den Prüfstein einer breiten und bereits weitgehend repräsentativen Nutzeröffentlichkeit zu stellen, lud die Rocket Enterprise Solutions in 2017 insgesamt mehr als 25 Versicherungsunternehmen zu zwei Workshopveranstaltungen ein.

Ziel der beiden interaktiven Veranstaltungen war es vorrangig von den Teilnehmenden (IT-Fachpersonal, Führungskräften, aber insbesondere auch Außenregulierenden und Sachverständigen unterschiedlicher Versicherer) Feedback zu Fragen der Workflowanpassung, der Informationstiefe, des Umfangs der Kalkulationsfunktionalität, der Statusberichtserfordernisse sowie den Anforderungen an Dispositions- und Steuerungstools zu erhalten und die so zahlreich gewonnenen Erkenntnisse anschließend hinsichtlich ihrer Implementierung in die Produkt-Lösung zur mobilen Schadenaufnahme zu katalogisieren und zu priorisieren.

Erfolgsfaktoren erkennen und konsequent umsetzen
Dieser extrem eng an den künftigen Nutzern orientierte Entwicklungsansatz und dessen konsequente Umsetzung schuf bei den ersten mit Rocketform arbeitenden Außenregulierenden und Sachverständigen nicht nur das gute Gefühl, die eine oder andere Idee selbst zu dieser Lösung beigetragen zu haben, sondern auch ein hohes Maß an Identifikation und eine hohe – bereits zu Beginn vorhandene – Akzeptanz.

Zugleich war es möglich, den anfangs erwähnten Schulungsbedarf hausintern durch die Mitarbeitenden, die bereits bei der Entwicklung mit dabei waren, zu lösen und dessen Aufwand angemessen gering zu halten.

Mit ihrem Best-Practice-Vorgehensmodel einer eng mit den künftigen Anwendern verzahnten und auf höchste Usability ausgerichteten IT-Lösung schuf die Firma Rocket Enterprise Solutions mit Rocketform eine Lösung für alle im Dienstleistungs- und Versicherungsbereich Tätigen, deren Kernkompetenz darin liegt, mobile Daten und Informationen zu erfassen und in Form von Berichten oder Gutachten zu präsentieren.