Unser Co-Autor heute: Andrea Rothe – Senior Managerin
Wir haben es in unseren Beratungsmandaten in der Versicherungswirtschaft grundsätzlich immer mit Veränderung und Weiterentwicklungen zu tun.
Als wir uns kürzlich hierüber in lockerer Runde an einem Projektabend austauschten entstand die Idee, dass der in vollem Gange befindliche Kulturwandel in der Assekuranz einen eigenen Beitrag im Sinne unseres Blogs „versicherung-weiterdenken“ verdient hat.
In zwei aufeinander aufbauenden Beiträgen möchten wir die Vielfalt an Wandel und Veränderung in sehr unterschiedlichen, aber eng zusammenhängenden Themen beleuchten.
Während es in Beitrag 1 mehr um die Veränderung rund um das Kerngeschäft Versicherung geht, wollen wir in Beitrag 2 darauf eingehen, welche Anforderungen und Herausforderungen dieser Wandel an die Führungskräfte und Mitarbeiter stellt.
Die Anzahl an Veränderungstreibern, die auf die Versicherungswirtschaft wirken, erreicht kontinuierlich neue historische Höchststände. Digitalisierung, neue Mobilität, Smart Home, Insurtechs, verändertes Kundenverhalten, Demografie bei Kunde und Mitarbeiter, Klimawandel, Niedrigzinsniveau oder stetig zunehmende Regulatorik – um nur einige zu nennen – nie waren Quantität und Qualität an Wandel so groß.
Schauen wir zunächst etwas detaillierter auf den Kern des Geschäftsmodells. Wie immer fokussieren wir uns bei unseren Betrachtungen v.a. auf das Geschäftsmodell Komposit. Hier begegnen uns – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – die folgenden Herausforderungen:
Versicherungsschutzkonzepte erfahren multi-dimensionale Weiterentwicklung
• Risikobeurteilungen bspw. für Gebäude werden mit Hilfe neuer Technologien genauer
• Zukunftsprognosen auf Bestände entlang der demografischen Entwicklung führen bei ceterus paribus-Bedingungen zu teilweise alarmierenden Erkenntnissen
• Flat-Rate-Modelle und eigene Risikoträger der Automobilhersteller reduzieren Anzahl versicherbarer Risiken
• der Umfang an nutzer- und nutzungsabhängiger Tarifierung wächst
• Telematik-Tarife und Digitales Notfallmanagement resp. Smart Home im engeren Sinne intensivieren die Kundenbeziehung
• die Bedeutung von Naturalersatz nimmt auch wegen innovativer Verfahren wie z.B. Optiopay zu
• der Bedarf an Cyberversicherungsprodukten führt die Versicherer in neue Rollenmodelle
• neue Kompetenzen für spezielle Technologien sowie neue Prozesse (Logistik für Telematik oder Smart-Home-Boxen, Verwaltung, Abrechnung, Notruf, ..) müssen aufgebaut, besetzt und weiterentwickelt werden
• versicherungsfremde Leistungen sog. Mehrwert-Services rund um die Lebenswelt Wohnen werden zunehmend integriert
Mitbewerbsdynamik und Wertschöpfung im Geschäftsmodell nehmen zu
• Insurtechs und Vergleichsportale besetzen die Kundenschnittstelle
• die Marktanteile der Online-Geschäftsmodelle wachsen kontinuierlich
• die Autohersteller steigern stetig das Volumen versicherter Fahrzeuge
• neue Geschäftsmodelle wie die HUK Autoservice GmbH erweitern die Wertschöpfung
• die sharing-community (Mobilität, Wohnen, Kommunikation, Freizeit, ..)
• peer-to-peer-Versicherungsmodelle wie Friendsurance suchen ihre Positionen
• die Bedeutung von Kooperationen und Dienstleistern in Produkt, Vertrieb, Vertrag, Services, Prävention und Schaden nimmt zu
• die Anwendungslandschaft der Versicherer müssen offen für omni-kanal-Kommunikation und die Einbindung externer Services sein
Schaden-Prävention und Schaden-Management wachsen über Technologien stärker zusammen
• Neue Technologien zur Früherkennung und –vermeidung von Schäden resp. Bedarfserkennung für Wartungsmaßnahmen bieten sich an
• Nutzung von Technologien im versicherten Objekt zur Schadenbewertung und Unterstützung der Steuerung des Prozesses sind möglich
• nutzer- und nutzungsabhängige Tarifierung erhöhen die Sensibilität beim Kunden
• Fahrertrainings im Flottengeschäft reduzieren Schadenhäufigkeit
• Schadenhäufigkeiten und Schadendurchschnitte könnten tendenziell auseinanderlaufen
• ..
Methoden und Verfahren in der Arbeitsorganisation verändern sich
• die Grenzen zwischen Linien- und Projektorganisationen verschwimmen zunehmend
• agile Methoden wachsen aus der IT in die Fachbereichsorganisationen
• Innovationsmanagement – im offshore-Labor oder onsite – etabliert sich
• Veränderungstreiber wirken auch auf die Aufbauorganisation (Chief-Digital, -Innovation –Customer, Operations Officer)
• technologiegestützte Arbeitsmengenerkennung und steuerung (Robotics, Künstliche Intelligenz) Ziele in Servicequalität und Produktivität
Der Auszug an Herausforderungen zeigt auf, wie intensiv sich das Geschäftsmodell Kompositversicherung weiterentwickelt.
Aus allen Veränderungen heraus ist erkennbar, dass die technologische Kompetenz zukünftig auch in Fachbereichen ein wesentlicher Faktor zur Wettbewerbsfähigkeit sein wird.
Welche weiteren Herausforderungen i.S. von Personalentwicklung und Change Management sich hieraus an Führungskräfte und Mitarbeiter ergeben werden wir in unserem nächsten Blog-Beitrag in zwei Wochen erläutern.