Die Baloise geht neue Wege und hat ein Insurtech – ein neues Start-up für den deutschen Kfz-Versicherungsmarkt  – gestartet. Laut Bericht der Finanz und Wirtschaft, der versicherungswirtschaft-heute.de und des VersicherungsJournals will die Baloise unter dem Markennamen „Friday“ bis 2021 zum beliebtesten Mobile-Versicherer werden. Mobile-Versicherer? Das ist ein Begriff, der für die Versicherungswirtschaft noch recht neu anmutet. Ich möchte darstellen, welche Chancen diese Entwicklung bietet, aber auch, welche Schwierigkeiten es auf dem Weg zum Mobile-Versicherer gibt.

Ist die Zielgruppe definiert?

Die Baloise geht mit dem Start von Friday im Zeitalter der Digitalisierung einen Schritt auf die Zielgruppe der affinen Mobile-Device-Nutzer zu. Wie genau sich die Zielgruppe für das Insurtech definiert, ist noch nicht erkennbar, wird aber spannend zu beobachten sein. Im Zeitalter von Car Sharing und Gehversuchen bei situativem Versicherungsschutz buhlen viele Anbieter um die Aufmerksamkeit der Kunden. Auch Autohäuser und Hersteller suchen zunehmend über Apps und andere digitale Kanäle den direkten Draht zu ihnen.

Eine Herausforderung für jedes Start-up im Versicherungsbereich ist zudem das Thema Usability. Die Nutzer von mobilen Devices sind an extrem einfache Prozesse und Anwendungen gewöhnt. Der Anspruch daran ist hoch und im Zusammenhang mit Versicherungsprozessen auch für ein Insurtech nicht zu unterschätzen. Zielgruppe der Baloise-Tochter sollen die 25 bis 35-jährigen Fach- und Führungskräfte sein – „Young Professionals“.

Durchgängige Prozesse als Schlüssel zum Erfolg

Doch der Brückenschlag zwischen möglichst einfachen Anwendungen, komplexen Versicherungsprozessen und genauen regulatorischen Vorgaben ist kniffelig. Für den Produktvertrieb ist noch leicht vorstellbar, wie der Abschluss einer Kfz-Versicherung im mobile Bereich abgebildet werden kann. Für die Schadenabwicklung, die unweigerlich bei durchgängigen Prozessen auch digital und mobil durchgeführt werden muss, sind diese Vorgehensweisen eher Neuland.

Zwar scheinen einige Instrumente dafür bereits heute vorhanden. Beispiele sind die mobile Schadenbewertung durch Endkunden und Partnernetzwerke oder die Pauschalregulierung im Kasko-Fall. Erfahrungen, wie diese Möglichkeiten in der Praxis genutzt werden und welche Auswirkungen dies hat, werden aber erst noch gesammelt. Die entsprechenden Produkte stecken dabei noch in den Kinderschuhen und produktive Use-Cases, welche die Instrumente orchestrieren, sind selten.

Was macht eigentlich den beliebtesten Mobile-Versicherer aus?

Schließlich bleibt noch die Frage: Was macht eigentlich den beliebtesten Mobile-Versicherer aus? Um diese Frage zu beantworten, können mehrere Services oder auch Produktkombinationen variiert werden:

  • Nur Kfz-Versicherung
  • Integrierte Mobilitätsangebote (Bike, Bus, Bahn, Sharing-Angebote, …)
  • Pay-per-use-Modelle
  • Flexibilität im Angebot und Service
  • Ad-hoc-Versicherungs-Optionen / situative Versicherungs-Add-Ons

Auf dem Weg werden sicherlich einige Lernschleifen durchlaufen werden, bis das richtige Produkt fertig ist – und gegebenenfalls dann auch weiteren Zielgruppen offeriert wird.

Ein richtiger Schritt in die Zukunft

Nach meinen Erfahrungen sind diese neuen Wege – unabhängig ob für die Kfz-Versicherung oder auch für die Sachversicherung –  für Versicherer wichtig, um nah am Kunden Erfahrungen zu sammeln und sich entsprechend weiterzuentwickeln. In einem unserer Gastbeiträge haben wir dies beispielsweise schon einmal für das Thema Smart Home dargestellt.

Zudem besteht die Chance für den Betreiber, die Erfahrungen aus Start-up- und Insurtech-Projekten in das konventionelle Geschäftsmodell zu übertragen und damit auch Entwicklungssynergien zu generieren. Die Erkenntnisse kommen damit beiden Systemen zu gute.

Jeder Versicherer sollte sich daher in den Bereich der Versicherungs-Innovation bewegen, der ihm heute noch fremd erscheinen. Ich bin mir sicher: Je früher die Erfahrungen gemacht werden, desto eher ist der Versicherer in der Lage, am sich gerade schnell entwickelnden Markt zu bestehen, seine Attraktivität auch für junge Kunden zu steigern und auch Erfahrungen mit Innovations-Projekten an sich zu sammeln. Langjährige Bestandskunden im konventionellen Geschäftsmodell werden auch davon profitieren.

 

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